UniWortWechsel
Der Schatz der Worte
Gedanken von A. Henning von Lange
Von der Liebe zum Buch

Gedanken von Alexa Hennig von Lange

Dankbarkeit empfinde ich beim Lesen eines Romans, einer Novelle, einer Erzählung, eines Gedichtes, in dem ich mich – zuerst unvermutet – als Leser entdecke. Zwischen diesen Worten, die einst vom Verfasser hintereinandergesetzt, zu Sätzen sortiert, mit dem eigentlichen Vorhaben, sich selbst näher zu bringen oder sogar der eigenen Matrix zu begegnen – mit der einstigen Absicht, sich einen kühlen Raum zu erschreiben, in dem er – der Schreiber – sich aufgehoben fühlt. Diesen Raum, man muss ihn sich als eine Spiegelzelle vorstellen, blank polierte Spiegel, sanft beleuchtet durch die Projektionen des Erlebten, des Gefühlten, der Vergangenheit. In der Mitte steht der Schreiber, dreht sich um die eigene Achse, saugt begierig auf, was er da sieht, filtert heraus, setzt alles in einen neuen Zusammenhang, um sich das Unbegreifliche begreifbar zu machen: Den Vorgang des Lebens. Genauer: Das Leben. Sein Werk ist vollbracht. Nun schlage ich es auf, lese. Jetzt stehe ich hier- in der Mitte eines fremden Raumes. So glaube ich. Doch nach und nach merke ich: Es ist genauso mein Raum. Ein Parallelraum, direkt neben dem des Schreibers, durch eine Membran sind wir verbunden. Wabe an Wabe. Hier fühle ich mich aufgehoben. All das, was ich sehe, mir erlese, kenne ich – im besten Fall begreife ich: Da hat mich jemand aufgeschrieben. Es ist ein unaufhörliches Suchen und Finden. Habe ich einen solchen Text gefunden, habe ich auch mich gefunden. Für diesen Moment des Lesens, für die Zeit danach. Ich empfinde tiefe Dankbarkeit dem Schreiber, mir, dem Leben gegenüber. Vor allem aber der Sprache.

Alexa Hennig von Lange