UniWortWechsel

Von der Liebe zum Buch

'Kaufen Sie Bücher! Kopien lösen keinerlei haptische Glückserlebnisse aus.'

Diese Aufforderung stammt von Frau Prof. Dr. Diewald, deren Studierende sie so oft und gerne zitieren, dass sie mittlerweile längst auch bei denjenigen angekommen ist, die selbst nie in ihren Seminaren saßen. Gabrielle Diewald, Vizepräsidentin der Universität und Professorin für germanistische Linguistik hat Recht: Der Unterschied zwischen einem gebundenen Buch und einem Stapel Kopien ist mindestens so groß, wahrscheinlich aber doch größer, wie der zwischen pragmatisch auf Tellern platziertem Mensaessen und einer mit Liebe zubereiteten Mahlzeit an schön gedecktem Tisch. Beides erfüllt ohne Frage seinen Zweck, der darin besteht zu sättigen – die sinnliche Komponente der Nahrungsaufnahme bleibt beim Beugen über das Mensatablett jedoch meist auf der Strecke. Bücher selbst sind sinnlich, und so unterscheidet sich das Ablegen eines Zettels auf einem Stapel ausgelesener Blätter himmelweit davon, eine Buchseite umzublättern.

Wir studieren und es ist so, dass wir im Studium viel lesen und noch mehr lesen müssten und uns aber doch nur einen Bruchteil der Texte im Original leisten können. Eine zu bedauernde Tatsache? Zum Teil ja, aber ein gesundes Maß an Pragmatik ist meist von Vorteil und wir nehmen natürlich längst nicht alles Gelesene ein zweites Mal zur Hand – und doch ändert das nichts an der Tatsache: Ein Buch ist ein Buch. Bücher machen Freude, völlig unabhängig davon, ob sie mit Sorgfalt gehegt wie gepflegt oder als Gebrauchsgegebenstand in volle Taschen gequetscht, in der Badewanne gelesen und mit Eselsohren versehen werden. Ein Buchrücken in der Hand ist, wenn auch oft unbewusst oder unbeachtet, Sinneserlebnis, Sinnenfreude, und das keinesfalls nur auf den Tastsinn beschränkt. Ein Regal voller Bücher ist Schmuck für einen Raum und wäre, selbst wenn nicht, optisch doch jeder Zeit einer abgehefteten Zettelsammlung vorzuziehen.

Wahrscheinlich ist nicht abzustreiten, dass ein gut gefüllter Bücherschrank Besitzerstolz aufkommen lässt. Selbst die gewichtigen Kisten, die bei jedem Umzug getragen werden wollen, ändern nichts daran, dass wir Bücher gerne besitzen. Schnell wird aus einem ambitioniertem Leser ein begeisterter Jäger und Sammler, der immer ein paar Bücher mehr in seiner Bibliothek stehen hat, als er bisher zu lesen geschafft hat. Für ihn wird es immer Bücher geben, an denen er einfach nicht vorbei gehen kann, sei es eine schöne Faustausgabe, ein noch unbekannter Marxkommentar, eine lang gesuchte Leibnizmonade, Paul Auster im englischen Original oder der letzte noch nicht verschlungene Thriller von Elizabeth George. Buchhandlungen sind besonders geschätzte Aufenthaltsorte, an denen man gerne Zeit verbringt, und unter diesen werden wahrscheinlich gerade diejenigen mit gebrauchten und alten Büchern eine besondere Anziehungskraft ausüben. Ein gut sortiertes Antiquariat lädt zum Verweilen ein und verführt zu Käufen, die man eigentlich nicht braucht und dennoch nie bereuen wird.

'Jeder gute Händler ist auch Sammler. Und jeder gute Sammler auch Händler', weiß Werner Heine vom Stadtarchiv Hannover. Heine ist Mitausrichter des Hannoverschen Bibliophilen-Abends, einem losen Zusammenschluss Bücherliebhaber und Bücherkundler.

Bei uni wortwechsel ergänzen die Mitglieder dieser Einrichtung das Ausstellerprogramm um einen Bereich des Antiquarischen und offenbaren eine Auswahl dessen, was sie lieben.

Yala Pierenkemper

Liebe zum Buch